Butjadingen: Mehr als 200 Menschen bei Mahnwache gegen Abschiebung der Hassuns

Butjadingen: Mehr als 200 Menschen bei Mahnwache gegen Abschiebung der Hassuns

Mehr als 200 Menschen sind am Sonntag in Burhave zusammengekommen, um die Rückkehr der syrischen Familie Hassun nach Butjadingen zu fordern. Sie war im Februar unangekündigt nach Portugal abgeschoben worden. Hierzu fanden die Redner deutliche Worte.

„Starkes Zeichen gesetzt“

Über 200 Menschen bei Mahnwache - Klare Worte zur Abschiebung der Hassuns

Zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Mahnwache, die auf dem Kirchplatz stattfand, gehörten unter anderem Selina Hillers und ihr Bruder Wilke Hillers. „Unsere Oma Ise Hillers wohnt in Eckwarden nur eine Straße von den Hassuns entfernt“, so Selina Hillers. Die syrische Familie habe alles getan, um sich zu integrieren, weiß sie von ihrer Großmutter. „Warum schmeißt man solche Leute raus?“, fragt sie sich.

So wie ihr scheint es auch vielen anderen in der Gemeinde zu gehen. An der Mahnwache nahmen Politikerinnen und Politiker aller Parteien teil. Ebenso Feuerwehrleute und Vertreter mehrerer Vereine. Sie alle waren vor Ort, um ein Zeichen zu setzen.

Am 22. Februar war die achtköpfige Familie, die in einer Wohnung über der Eckwarder Feuerwache lebt, abgeholt worden und - aufgeteilt in zwei Gruppen - mit zwei Flugzeugen nach Portugal geflogen worden. „Dort wohnt sie jetzt in einem Hotel in einer Kleinstadt nördlich von Lissabon“, berichtete Mahnwachen-Mitorganisatorin Nele Logemann am Sonntag. Eine Perspektive, wie es für sie weitergehen kann, gebe es für die Hassuns derzeit nicht.

Organisatoren entschuldigen sich

Nele Logemann nutzte die Gelegenheit auch, um ein paar Sachen klarzustellen. Als die Hassuns am 22. Februar abgeholt wurden, seien zwar rund 13 Personen in der Wohnung gewesen. „Doch das waren nicht alles Polizisten“, machte sie deutlich. Auch hätten die acht Familienmitglieder mehr Taschen mitnehmen können als zunächst behauptet. Für diese Fehler entschuldige man sich.

Die Abschiebung der Hassuns sei für viele Butjenter ein hochemotionales Thema, weil die Familie seit ihrer Ankunft im Februar 2020 ein Teil der Gemeinde geworden ist, sagte Bürgermeister Axel Linneweber. Er lobte die Mahnwache ausdrücklich als „starkes Zeichen Richtung Portugal“. Dennoch bat er die Menschen in seiner Gemeinde trotz allem „fair und sachlich“ zu bleiben. Mitarbeiter des Sozialamtes, der Ausländerbehörde beim Landkreis und der Polizei seien wegen der Abschiebung in den vergangenen Tagen „völlig unangemessen angegangen worden“. Ihm zufolge waren am 22. Februar de facto nur zwei Polizisten in der Wohnung der Hassuns.

„Sie haben nichts falsch gemacht“

Landrat Stephan Siefken, der persönlich zu der Mahnwache eingeladen worden war, machte gegenüber der Kreiszeitung deutlich, dass die Mitarbeiter der Ausländerbehörde nach geltendem Recht gehandelt haben. „Sie haben nichts falsch gemacht.“

Die Hassuns sind 2012 aus einem Ort bei Aleppo in die Türkei geflüchtet, fünf Jahre später ging es nach Portugal, wo sie einen Asylantrag stellten. Im August 2019 kamen sie nach Deutschland, wo sie erneut einen Asylantrag stellten. „Der ist dann aber nicht bearbeitet worden, weil es ja schon das laufende Verfahren in Portugal gab“, berichtete Unterstützer Jürgen Sprickerhof am Sonntag.

„Warum müssen sie gehen? Ich will das nicht verstehen.“ Der Musiker Michael Falkenauge trug am Sonntag seinen eigens für die Hassuns komponierten Protestsong vor.

© Kühnemuth

„Warum müssen sie gehen? Ich will das nicht verstehen.“ Der Musiker Michael Falkenauge trug am Sonntag seinen eigens für die Hassuns komponierten Protestsong vor.

Nach einem Jahr der Duldung habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Abschiebung eingeleitet. Sage und schreibe zwei Jahre habe dies in Anspruch genommen, so Jürgen Sprickerhof. Für die Familie sei das eine unzumutbare Hängepartie gewesen. „Man darf so mit Menschen nicht umgehen.“

Die Mahnwache, bei der auch der Musiker Michael Falkenauge seinen eigens komponierten Protestsong vortrug, soll nur ein erster Schritt sein. Die Organisatoren hoffen, die Hassuns nach Butjadingen zurückholen zu können. Für die Familie sind - Stand Sonntagmorgen - schon 1400 Euro gesammelt worden. Weitere Spenden sind willkommen.

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Erstellt:
12.03.2023, 13:46 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 39sec

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Dirk Dammer 13.03.202307:11 Uhr

Das die Politik für alles immer sehr lange brauch, ist großer Mist. Dennoch können wir nicht die ganze Welt retten. Warum ist die Familie nicht in Portugal geblieben??!! Sind die Sozialleistungen nicht hoch genug??!! Wer hier nicht sein darf weil er woanders schon ein Asylantrag gestellt hat, muss gehen!! Die dur jetzt so traurig sind, können ja mitgehen.