Jobs zwischen Bett und Regal
Wo sonst Ehepaare den Stellplatz fürs neue Sofa überdenken oder in Doppelbetten probeliegen, drängelten sich am Freitag über 500 Jugendliche durch die Gänge. Henrik Lenz vom Möbelcenter Nordenham war das aber ganz recht, schließlich hatte er zur Azubibörse eingeladen. 45 Aussteller, Arbeitgeber aus den verschiedensten Branchen, waren der Einladung gefolgt und boten an ihren Ständen Informationen zu über 60 Ausbildungsberufen. Mit dabei waren viel Auszubildende oder junge Berufsanfänger, die ihre Erfahrungen im Beruf schilderten.
Diese Ansprache kam bei den jungen Interessenten gut an.„Das ist etwas anderes, ob man sich in der Schule informiert oder bei jemandem, der den Weg gerade gegangen ist“, findet etwa Nele Schprien (17). „Außerdem kann man hier in seinem eigenen Tempo alles durchgehen.“ Sie hatte nach keinem bestimmtem Beruf gesucht, hier haben soziale Berufe und die Touristikbranche ihr Interesse geweckt. „Ich gehe gern auf Menschen zu“, sagt Nele. „Im Sozialbereich gefällt es mir, helfen zu können. Im Tourismus kommt man mit Menschen aus anderen Regionen und Ländern zusammen. Das finde ich kulturell bereichernd. Beide Bereiche sind außerdem sehr abwechslungsreich.“
Infos in entspannter Atmosphäre
Ibrahim Naser (16) hat schon einiges an Material in einem Beutel gesammelt und auch schon seine Favoriten-Betriebe gefunden. „Ich würde gern bei Airbus, Quaritsch oder NKT anfangen“, sagt er. „Ich bin ganz gut Physik, aber in der Schule kriegt man nicht so viel zur technischen Anwendung, von dem, was man lernt, mit. Das interessiert mich bei den Firmen.“
Seinen Kumpel Abdussalam Abuhamra (14) zieht es in die ähnliche Richtung: Airbus, NKT oder NSW. „Da seh ich die besten Chancen, auch beim Verdienst“, sagt er selbstbewusst. „Man muss ja auch ans Geld denken bei der Inflation jetzt.“ Neben Physik und Mathe ist Kunst sein Lieblingsfach. „Deshalb würde ich bei den Firmen gern im Design oder der Konstruktion was machen“, sagt er. An der Azubibörse gefällt ihm die entspannte Atmosphäre. „Ich war auf vier Messen in der Schule“, sagt Abdussalam. „Aber nur hier hat man genug Zeit, sich zu informieren. Und wenn die Firmen sehen, man kommt freiwillig am Freitagnachmittag her, dann wissen die, dass echtes Interesse da ist.“
Das schätzt auch Ralf Peltzer, Ausbildungsleiter bei Glencore. „Wenn die Eltern dabei sind, werden die Gespräche noch interessanter, weil man sieht, die wollen auch wissen, wo die Reise für ihre Kinder hingeht.“
Chancen, die noch nicht „auf dem Schirm“ waren
Auch Jesco Hoffmann, Dachdeckermeister bei Stallkamp, ist mit dem Interesse der Jugendlichen zufrieden. „Auch wenn man merkt, dass bei den großen Firmen natürlich deutlich mehr Interessenten stehen“, sagt er. „Zu uns kommen vor allem junge Leute, die noch keinen großen Plan haben oder sich auch einfach neu entdecken wollen.“ Mit welchen Argumenten weckt er ihr Interesse? „Man ist an der frischen Luft und tut was für den Körper“, sagt er.
Zurückhaltend zeigte sich Marcel Völger, Geschäftsführer der Fleischerei Gutmann. „Man merkt, dass es ein schwieriges Thema ist“, sagt er. Veganer wären gar nicht mal ein Problem. „Dafür haben wir inzwischen Möglichkeiten“, sagt er. „Aber man merkt, dass viele gern Fleisch essen, aber nicht so gern damit zu tun haben wollen, wie es hergestellt wird.“ Nicht abschrecken ließ sich Jonathan Eich (15). „Ich hatte das gar nicht auf dem Schirm, weil ich eher im chemischen Bereich unterwegs bin“, sagt der Gymnasiast, der in drei Jahren sein Abitur machen will. „Aber in den Beruf kommt man sehr leicht rein und hat dann gute Möglichkeiten im ganzen Lebensmittelbereich. Das wäre nicht meine erste Wahl, aber definitiv ein guter Einstieg.“