
Polizisten und Helfer sind in Hamburg im Einsatz. Bei Schüssen in einer Hamburger Kirche sind am Donnerstagabend mehrere Menschen getötet und einige Personen verletzt worden.
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Amoktat in Hamburg: Mehrere Tote bei den Zeugen Jehovas
Schüsse fallen am Abend in einem Gebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg. Polizei und Feuerwehr eilen mit Großaufgeboten an den Tatort. Mehrere Tote und Verletzte werden aus dem Haus getragen. Unter den Toten befindet sich mutmaßlich auch der Täter.
Sechs oder sieben Tote, dazu noch mehrere Verletzte
Mehrere Menschen sind während einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas in Hamburg durch Schüsse getötet oder verletzt worden. Medienberichten zufolge starben am Donnerstagabend sechs oder sieben Menschen, mindestens acht weitere Personen seien verletzt worden. Diese Zahlen bestätigten zunächst weder die Polizei noch die Hamburger Innenbehörde. „Es ist nach ersten Erkenntnissen so, dass mehrere Tote unter den Opfern zu beklagen sind“, sagte ein Polizeisprecher dazu.
Polizei stuft Schüsse als Amoktat ein
Nach Informationen aus Sicherheitskreisen stuft die Hamburger Polizei die Schüsse als Amoktat ein. „Die Toten haben alle Schussverletzungen“, hieß es. Unter den Toten soll möglicherweise auch der Täter sein: „Es gibt Hinweise darauf, dass es der Täter sein könnte. Aber ob es wirklich der Täter gewesen ist, das ist noch unklar. Das ist ein bisschen zu früh, um das sagen zu können. Es gibt Hinweise darauf, dass es ein Täter sein könnte, aber ganz gesichert ist es noch nicht“, hieß es am späten Donnerstagabend.
Hintergründe der Tag zunächst unklar
Die Polizei sprach von einer Großlage. Die Hintergründe der Schüsse im Stadtteil Alsterdorf waren nach Angaben der Ermittler zunächst unklar. Es gebe keinen Hinweis auf einen anderen oder einen flüchtigen Täter: „Im Moment ist die Lage soweit beruhigt“, sagte ein Polizeisprecher am späten Abend. Es bestehe deshalb auch keine Gefahr mehr für die Bevölkerung rund um den Tatort. Streifenwagen mit Blaulicht hatten den Tatort am Abend weiträumig abgesperrt. Beamte mit Maschinenpistolen sicherten den Bereich zusätzlich ab. Unmittelbar nach den Schüssen waren alle Fenster des Gebäudes hell erleuchtet, ein Hubschrauber war in der Luft, zahlreiche Rettungswagen standen in den Straßen.
Bürgermeister Tschentscher bestürzt
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zeigte sich bestürzt über die tödlichen Schüsse. „Die Meldungen aus Alsterdorf / Groß Borstel sind erschütternd“, schrieb Tschentscher bei Twitter. „Den Angehörigen der Opfer gilt mein tiefes Mitgefühl. Die Einsatzkräfte arbeiten mit Hochdruck an der Verfolgung der Täter und der Aufklärung der Hintergründe.“ Tschentscher rief die Bürgerinnen und Bürger auf, die Hinweise der Polizei zu beachten.
Amtliche Gefahrendurchsage: Extreme Gefahr
Über eine amtliche Gefahrendurchsage der Behörde für Inneres in Hamburg war die Rede von einer „extremen Gefahr“. „Am heutigen Tage gegen 21.00 Uhr schoss(en) ein oder mehrere unbekannte Täter auf Personen in einer Kirche“, hieß es in dem Text. Die Polizei sei gegen 21.15 Uhr telefonisch über die Schüsse informiert worden. Die Gefahrenwarnung sollte kurz nach Mitternacht aufgehoben werden. Eine besondere Einheit der Bereitschaftspolizei, die in der Nähe war, sei in das Objekt reingegangen und habe sogar auch noch einen Schuss aus einem oberen Stockwerk gehört, so der Polizeisprecher weiter. Dabei sei auch eine Person tot aufgefunden worden. „Ob es sich dabei um den Täter handelt, ist noch unklar.“
Offenbar „Zusammenkunft“ bei Zeugen Jehovas
Welche Art von Veranstaltung in der Kirchengemeinde der Zeugen Jehovas abgehalten wurde, war zunächst unklar. Auf der Internetseite der Zeugen Jehovas war für den Donnerstagabend eine von zwei wöchentlichen Zusammenkünften geplant. Dazu ist den Informationen zufolge auch die Öffentlichkeit eingeladen. Bei den Zusammenkünften wird sich demzufolge mit der Bibel befasst und damit wie das, was sie lehrt im Leben berücksichtigt werden kann. Polizeiangaben zufolge hatten mehrere Menschen die Veranstaltung besucht: „Es sind mehrere Personen in dem Gebäude gewesen während der Veranstaltung“, so ein Sprecher.
Polizei: Diskussionen zu Tathergang unterlassen
Die Polizei bat via Twitter nach den Schüssen bei den Zeugen Jehovas, von Diskussionen etwa zu Tätern oder zum Tathergang abzusehen. „Auch wir arbeiten mit Hochdruck“, schrieb die Polizei in der Nacht auf Freitag bei dem Kurznachrichtendienst. „Wir bitten Diskussionen zu Tätern oder zum Tathergang, sowie gegenseitige Beleidigungen & andere Kommentare ohne Bezug zu unterlassen. Ihr würdet uns die Kommunikation zum laufenden Einsatz in Groß Borstel sehr erleichtern.“.
Eigene Bibel-Auslegung
Die Zeugen Jehovas sind eine christliche Gemeinschaft mit eigener Bibel-Auslegung. Die Anhänger glauben an Jehova als „allmächtigen Gott und Schöpfer“ und sollen sich strengen Vorschriften unterwerfen. Sie sind davon überzeugt, dass eine neue Welt bevorsteht und sie als auserwählte Gemeinde gerettet werden. Weltweit haben die Zeugen Jehovas etwa acht Millionen Mitglieder. Die „Weltzentrale“ ist in New York. Die deutsche Gemeinschaft mit weniger als 200 000 Mitgliedern gehört zu den größten in Europa.
Tatort im Stadtteil Alsterdorf
Bei dem Tatort handelt es sich um ein dreistöckiges Gewerbegebäude, das an einer breiten Straße und neben einem Malerbetrieb sowie einer Baustelle mit drei großen Kränen liegt. In Hamburg-Alsterdorf leben rund 15 000 Menschen, der Stadtteil im Bezirk Hamburg-Nord ist etwa drei Quadratkilometer groß. Neben Alsterdorf gibt es zwölf weitere Stadtteile in dem Bezirk. In Hamburg-Alsterdorf sind zahlreiche Unternehmen angesiedelt. Durch den Stadtteil verläuft der Fluss Alster.